Kurbeltelefone mögen dem Uneingeweihten als Technik von vorgestern erscheinen, etwas für Technikfreaks. Aber der Schein trügt, Kurbeltelefone haben bis heute einen festen Platz in der Kommunikationstechnik. Und sie werden auch weiterhin hergestellt.
Kurbeltelefone, fachlich korrekt heißen sie Fernsprecher mit OB-Betrieb, also Telefone mit Ortsbatteriebetrieb, haben einen großen Vorteil. Gegenüber ZB-Telefonnetzen, also Telefonen mit Zentralbatterie, kommen OB-Telefonnetze ohne Zentrale aus. Jedes OB-Telefon bringt seine eigene Stromversorgung mit, und für eine Sprechverbindung müssen nur zwei Telefone mit einer zweiadrigen Leitung verbunden werden - fertig! Das prädestiniert diese Technik natürlich für den operativen Feldeinsatz (z.B. bei Bundeswehr und Katastrophenschutz). Aber auch bei Post und Bahn sind die Geräte noch im Einsatz. Bei der Bahn werden OB-Telefone nun aber, mit der Verbreitung von GSM-R-Zugfunk und ESTW-Zentralstellwerken (mit dem gelben Sprechsäulen) immer seltener.
OB-Telefone haben noch einen Vorteil: die quasi serienmäßige Konferenzschaltung. Alle an eine Leitung angeschlossenen Apparate sind direkt verbunden. Kurbelt man an einem Apparat, klingeln alle Apparate, und auch das Gespräch können alle Apparate mithören. Auch bei einem schon laufenden, einfach den Hörer abnehmen und dabei sein. Im Zusammenhang mit den Nöten im Modulbetrieb (viel telefonieren - ständig besetzte Telefone) kann das schon mal helfen. Und natürlich gehören OB-Telefone zum Feeling einer Strecke im vereinfachten Nebenbahndienst (VND), umgangssprachlich auch Zugleitbetrieb ZLB, dazu.
OB-Telefone funktionieren derart, dass mittels Kurbelinduktor durch unterschiedlich langes Kurbeln ein Morsecode erzeugt wird (bspw. lang-kurz-lang), dem eine bestimmte Betriebsstelle zugeordnet ist. Der Morsecode ist notwendig, weil alle Geräte an einer Telefonleitung angeschlossen sind und klingeln, sobald an einem der Apperate "gewählt" wird. Mit Hilfe der ortsfesten Batterie als Spannungsquelle, wird das Mikrofon zum Sprechen betrieben. Die Sprache erzeugt eine Sprechwechselspannung auf der gleichen Zweiaderleitung, wie der Kurbelinduktor. Man sollte nicht in ein laufendes Gespräch "hineinkurbeln".
Welche Apparate sind für den Moduleinsatz geeignet?
Grundsätzlich gibt es bei den OB-Apparaten zwei verschiedene Varianten: Die Bahn verwendet Apparate mit leicht anderen Spezifikationen als die anderen Anwender (Bundeswehr, Katastrophenschutz, Post...). Diese beiden Varianten sind nicht kompatibel, und wohl auch nicht umrüstbar. Bei der Anschaffung für den Moduleinsatz sollte man sich also vergewissern, daß der begehrte Apparat für den Bahnbetrieb vorgesehen ist - oder war.
Darüber hinaus gab es über die Zeit unterschiedlichste Typen, die alle (so sie aus dem Bahnbetrieb stammen) für uns einsetzbar sind. Alle Apparate brauchen für den Betrieb eine Batterie, neuere Typen wie OB70 und OB92 (modernes weißes Gehäuse) bringen bereits ein Batteriefach mit. Für die anderen muß die Batterie extern angeschlossen werden, bspw. zusammen in oder mit der Anschlußbox (RUT-Box). Die Art der Batterie kann bei den Typen unterschiedlich ausfallen, einige kommen bereits mit 1,5V aus, andere brauchen 6 oder gar 9V. Wenn also beim Aufbau eines OB-Netzes die Sprachübermittlung sehr leise ist, dann sollte mal eine stärkere Batterie probiert werden (in dem Apparat, von dem die leise Sprache kommt).
Ansonsten sind diese Apparate sehr robust und kaum kaputtbar. Wenn sich ein Apparat als funktionsunfähig erweist, dann sollten mal die Schallkapseln überprüft werden. Bei vielen Apparaten (die modernen OB92 mal ausgenommen) sind die Schallkapseln mit Kohlegranulat gefüllt, welches mit der Zeit schon mal zusammenbackt. Das Granulat sollte lose sein und beim Schütteln der (herausgenommenen) Kapsel am Ohr ein leises Rascheln erzeugen (die Kapsel kurz aufschlagen und Probeschütteln). Eine weitere Fehlerursache könnten beschlagene Kontaktfedern sein, im Hörer oder die Umschaltkontakte im Apparat - einfach mal putzen. Noch eine Fehlerursache können laberige Uralt-Verkabelungen sein, vielleicht noch mit Textilummantelung. Und letztens wäre als Fehlerursache der Anschluß des Apparates, also die Kontaktbelegung zum RUT-Stecker (siehe unten) zu überprüfen. Schwerere Fehler sind mir bis dahin noch nicht vorgekommen.
Betrieb von OB-Telefonen im Moduleinsatz
Um ein OB-Netz aufzubauen braucht es eigentlich nur eine zweiadrige Verbindungsleitung, und eine Batterie für jeden Apparat. Aber um das Vorhalten einer weiteren Sorte Kabel und Adapter zu vermeiden wurde für den Leitungsaufbau das bekannte RUT-System gewählt. D.h. es kommen die bekannten Sub-D 25pol-Kabel mit Stecker-Buchse-Bestückung zum Einsatz. Die Verbindung vom OB-Apparat zur RUT-Leitung erfolgt mit einer speziellen RUT-Box. Der OB-Apparat wird dort mit einem DIN-5pol-Stecker verbunden. Dieses System stammt vom FREMO und soll hier übernommen werden, damit die Technik auch dort eingesetzt werden kann.
Die Belegung des DIN-5pol-Steckers sieht wie folgt aus (Grafik Armin Mühl):
Modernere OB-Apparate, wie der OB70 oder OB92 haben ein Batteriefach bereits integriert. Der Anschluß der beiden Adern für Plus und Minus erübrigt sich in diesem Fall.
Für die Verbindung von DIN-Stecker und RUT-Leitung braucht es einen Adapter, eine RUT-OB-Box. Bei entsprechender Gehäusewahl kann man auch die Batterie dort integrieren. Für viele ältere Apparate reicht eine 1,5V-Mignon aus. Mit zweien davon, also 3V ist man auf der sicheren Seite. Es gibt aber Apparate, denen auch die 3V nicht für eine brauchbare Verständigung reichen. Es hat sich als günstig erwiesen, Batteriepacks mit 4,5, 6 und auch 9V vorzuhalten. Diese könnten wahlweise über entsprechende Stecker an die RUT-Box angeschlossen werden. Für den Aufbau eines OB-Netzes wäre also allgemein das Vorhalten einer Auswahl RUT-Boxen (integrierte Batterie oder mit Stecker für externe Batterie) empfehlenswert. Die Batterien reichen problemlos über mehrere Treffen, so daß sich der Aufwand mit entsprechenden Akkus kaum lohnt.
Für den Betrieb von Kurbeltelefonen an der RUT sind die Doppeladern 0 und 9 vorgesehen. An den ZB-Zentralen sind entsprechende Umschaltvorrichtungen vorgesehen, die eine Doppelbelegung verhindern. Allerdings hat sich erwiesen, daß der gleichzeitige Betrieb von ZB und OB auf einer RUT-Leitung zu Störungen führen kann. Sehr wahrscheinlich stören die hohen Spannungen der Kurbelinduktoren von teilweise über 100V. Es ist also für das OB-Netz ein autarkes RUT-Netz zu empfehlen. Die Belegung der Doppeladern 0 und 9 bleibt davon unbenommen.
Grafik: Adrian Ranft
Die Adern a und b der DIN-Buchse werden entweder mit den Kontakten 2/3 oder 24/25 des SubD-Steckers verbunden. Die Polung von a und b ist dabei gleich. Mittels zweipoligem Umschalter kann man auch beide Doppeladern anschließen. Die Uhrenleitung 12/13 kann an eine Cinch-Buchse verbunden werden.
Der OB-RUT-Adapter kann als Box mit der Durchführung der RUT-Leitung, also mit SubD-Stecker und -Buchse, oder als kleinerer Stecker mit nur einem von beiden ausgeführt werden. Der letztere "kleine Adapter" eignet sich aber nur für das Ende einer OB-Leitung, und wahlweise sollten zwei kleine Adapter vorgehalten werden, einmal mit SubD-Buchse, einmal mit -Stecker (Stecker-Buchse-System der RUT-Verkabelung). In jedem Fall flexibler sind die "großen" OB-RUT-Boxen mit SubD-Stecker und -Buchse. Und für Streckenverzweigungen ist im Einzelfall auch eine Box mit 3 SubD-Steckplätzen wünschenswert. Die Verdrahtung der SubD-Anschlüße untereinander muß wie auch bei der normalen RUT Eins-Zu-Eins erfolgen, am besten mit Schneid-Klemm-Technik. Es sollten also auch bei den OB-RUT-Boxen alle 25 Pole verkabelt werden (wenn man schon mal dabei ist), um die Flexibilität zu gewährleisten.
Links (im linken Bild) die kleine RUT-OB-Box, nur für das Leitungsende gedacht. Rechts die große Box, mit Leitungsdurchführung, mit Cinch-Uhrenanschluß, mit Batterie und in diesem Fall mit Leitungsverzweigung - also die große Ausstattung. Sowohl die kleine, als auch die große Box sind mit Umschalter 0-9 ausgestattet.
Stichwörter
- Log in to post comments