Nicht alle Frachten können einen ganzen Wagen auslasten. Ganz im Gegenteil, es soll nach berufenen Aussagen zumindest in der DDR einen erheblichen Anteil an Frachten im Güterverkehr gegeben haben, die einen Wagen nicht auslasten konnten. Um die Wagen dennoch auszulasten, wurden mehrere verschiedene Frachten - auch mit unterschiedlichen Zielen - gemeinsam in einem Wagen befördert. Man spricht dann vom Stückgutverkehr.
Erstmal sollen die Begriffe dargestellt werden, die gerne verwechselt werden:
- Postverkehr ----> Hier geht es um die Versendung von Gütern, die im Zusammenhang mit dem Postbetrieb anfallen. Das sind der Briefverkehr, der Paketverkehr, und der Postzeitungsvertrieb. Nicht auf allen Relationen können dafür eigene Postwagen eingesetzt werden, bei geringerem Verkehr können diese Frachten auch in Packwagen oder Dienstabteilen (z.B. von Triebwagen) befördert werden. Weiteres soll unter --> Postverkehr erläutert werden.
- Expressgutverkehr ----> Es sind Sendungen gemeint, die sich nach Art, Gewicht und Verpackung zur Mitnahme in den in den Reisezügen mitgeführten Gepäckwagen eigneten. Es kann sich dabei auch um Reisegepäck oder um "Botendienste", die den normalen Paketdienst der Post übersteigen, handeln. Expressgut wird in eigenen Expressgutwagen meist mit Reisezügen oder eigenen Expressgutzügen befördert, kann bei geringem Aufkommen aber auch in normalen Packwagen befördert werden.
- Eilgutverkehr ----> Stückgutfrachten, die beschleunigt zu transportieren sind, speziell verderbliche Waren, Lebensmittel. Eilgut wird in Reisezügen oder speziellen Eilgüterzügen befördert (Stichwort LEIG).
- Stückgutverkehr ----> ist normales Frachtgut, das aufgrund seiner Größe einen eigenen Wagen nicht ökonomisch auslastet. Um die Wagenkapazität trotzdem nicht zu verschwenden werden mehrere Ladungen in einem Wagen zusammen transportiert. Stückgut wird grundsätzlich zusammen mit den anderen Wagenladungen in den normalen Güterzügen befördert. Zur Handhabung unterschiedlicher Ladungen mit unterschiedlichen Zielen und Laufwegen in einem Wagen bedarf es einer erhöhten Organisation. Darum soll es im folgenden gehen.
Stückgutverkehr im Modulbetrieb
Stückgut sind Wagenladungen, die einen Wagen nicht auslasten. Deshalb wird ein Wagen mit mehreren Ladungen, von unterschiedlichen Versendern und mit unterschiedlichen Zielen, beladen. Stückgut muß ansonsten nicht besonders eilig oder privilegiert behandelt werden. Stückgut kann auch von und zu Anschlußstellen, und ins Ausland gefahren werden.
Stückgut wird in geschlossenen Wagen, gefährliches und sperriges Gut in offenen Wagen transportiert.
Die Beladung
Da eine Stückgutfracht einen Wagen nicht auslastet, wird die Wagenbe- und Entladung von der örtlichen Güterabfertigung durchgeführt. Die entsprechenden G-Wagen sind also grundsätzlich an den Güterboden zu stellen, während (ganz-) Wagenladungen auch am Freiladegleis vom Versender/Empfänger selbst geladen werden können.
Da Stückgüter sehr unterschiedlich in Gewicht, Volumen und sonstigen Ladebedingungen (z.B. Stapelbarkeit) ausfallen können, muss es für unsere Bedürfnisse eine vereinfachte Unterscheidung geben. Um das Spiel nicht zu übertreiben, werden alle Größen der Teil-Beladung auf einen Nenner gebracht: Die Größe des Stückgutes wird als Bruch von 1/4 bis 3/4 angegeben.
Die G-Wagen werden in ihrer Ladekapazität ebenfalls pauschal angenommen und nur nach 2-achsigen und 4-achsigen Wagen unterschieden: Zweiachser dürfen maximal 4/4-, Vierachser bis zu 6/4-Ladungen laden. Ein Wagen kann mit Stückgutfrachten bis zu dieser Auslastung beladen werden.
Konkret sieht das so aus, das für jede Ladung ein Frachtzettel erstellt wird, auf dem auch die Ladungsgröße als Bruch angegeben ist. In der Frachtzetteltasche eines Stückgutwagens können bis zu sechs Frachtzettel stecken. Stückgutfrachtkarten werden auf gelben bis orangem Papier und im Format etwas kleiner ausgedruckt (ca. 80% bezogen auf das Nothaft-Programm), damit mehrere Karten in eine Einstecktasche passen. Stückgutfrachtzettel werden nur einseitig bedruckt, die Leerwagenanforderung, falls sie nötig ist, erfolgt über extra Leerwagen-Frachtzettel. Das Bild links zeigt als Beispiel zwei Stückgutfrachtzettel.
Neu beladene Wagen gehen grundsätzlich zu einer Umladehalle, wo das Stückgut dann nach seinen Zielen sortiert neu in die Wagen geladen wird. Damit die folgenden Rangier- oder Schattenbahnhöfe unsortierte Stückgutladungen in Richtung Umladehalle von sortierten Stückgutladungen aus der Umaldehalle unterscheiden können, werden bei neu beladenen Wagen alle Frachtzettel kopfüber in die Frachttaschen gesteckt. Der gelbe Frachtzettel ansich gibt dabei schon den Zielbahnhof Umladehalle an, der eigentliche Zielbahnhof (und auch welche der Frachtkarten gerade vorne steckt) ist vor der Sortierung ohne Bedeutung.
Und ab das Stückgut!
Liegt nun auf einem Bahnhof eine Stückgutladung zum Transport, muss nach den bekannten Regeln ein Leerwagen aus dem normalen Wagenpark gestellt, oder im Schattenbahnhof angefordert werden. Alternativ kann ein eventl. mit dem nächsten NG eintreffender Stückgutwagen wieder bis zu seiner Ladegrenze beladen werden. Dabei dürfen nur leere Wagen und Wagen mit Frachten in Richtung Umladehalle weiter beladen werden. Auf die Art wird ein Stückgutwagen mit mehreren Ladungen verschiedener Stellen sozusagen von Bahnhof zu Bahnhof weitergereicht (Staffelwagen). Aber immer nur in einer Richtung, kein Zickzack-Verkehr.
Ein Wagen mit Stückgutladung wird in den geeigneten Güterzug Richtung Umladehalle eingestellt, das kann auch mit dem Umweg über einen Fiddleyard geschehen. Es können im Fahrplan auch besondere Züge für den Stückguttransport ausgewiesen sein. Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass ein Stückgutwagen von einem Güterzug zur Ladung gestellt wird, und vom nächsten passenden Güterzug wieder aufgenommen wird. Die Ladezeit ist also länger als der Aufenthalt eines Güterzuges, aber nicht länger als der Abstand zwischen zwei Güterzügen.
Im Fiddleyard
...hängt der weitere Laufweg des Wagens von seiner Beladung ab. Wagen mit unsortierten Stückgutladungen sind an den kopfüber stehenden Frachtzetteln erkennbar. Diese Wagen werden in Richtung Umladehalle eingereiht. Bereits sortierte Wagen haben die Frachtzettel dann richtig (lesbar) stehend in den Frachttaschen. Hier ist das Ziel des vorderen Frachtzettels maßgebend für den weiteren Laufweg des Wagens. Es kann auch sein, das dieses Ziel der Fiddleyard selbst ist.
Ausnahme sind reine Stückgutzüge: Diese gehen im Fiddleyard unbehandelt weiter in Richtung Umladehalle, oder wenn sie von dort kommen auf die Strecke.
Umladehalle
Als Umladehalle wird häufig ein Fiddleyard verwendet. Dieser bekommt die Farbe Orange, daher die Frachtzettelfarbe.
Alle eingehenden Wagen werden dort geprüft, alle Frachtzettel sollten in den Frachttaschen auf dem Kopf stehen. Die Wagen werden vollständig entladen und nach Möglichkeit so neu beladen, das sie nur noch Ladungen für je ein Ziel enthalten. Die Frachtzettel werden richtig herum, also lesbar in die Frachttaschen gesteckt. Und der jeweils vorderste Frachtzettel gibt den nächsten Zielbahnhof an. Wenn der Fahrplan es vorsieht, kann ein Wagen auch mit Frachten für mehrere Ziele, die alle am Laufweg des Zuges liegen müssen, beladen werden (Staffelwagen). Die Frachtzettel von Staffelwagen müssen dabei in der Reihenfolge der angefahrenen Bahnhöfe gesteckt werden.
Anschließend werden die neu beladenen Wagen mit den passenden Zügen entweder direkt auf die Strecke, oder über den FY auf die passenden Züge geschickt.
Am Ziel
Stückgutwagen werden grundsätzlich am Güterboden entladen. Ein entladener Wagen wird dem normalen Wagenpark zugeführt, kann also bei Bedarf neu beladen werden, z.B. auch mit Stückgut.
Nachdenkliches
Stückgutfrachten sind Teilfrachten. Man kann nun seine im Datenblatt erfassten Wagenladungen einfach in Teilladungen aufsplitten, das ist ja auch der Sinn. Andererseits werden nach den Datenblättern die nötigen Wagenmengen und damit die Zuglängen berechnet. Eine Aufsplittung in Teilladungen wird die benötigten Wagenzahlen beeinflussen. Zum Einen wird gerade versucht, inwieweit man die Datenblätter dahingehend anpassen kann. Zum Anderen wird man damit immer nur eine Annäherung an die tatsächlichen Wagenmengen erreichen können. Es gilt also sowohl beim Fahrplaner, als auch beim Betriebsstellenbesitzer Augenmaß walten zu lassen. Man kann durchaus auch nur noch Teilladungen versenden, sollte dieses dann aber im Datenblatt auch so eintragen.
Im Endeffekt gilt auch hier: Der Stückgutverkehr soll den Spielwert erhöhen!
Beipiele für Stückgutfrachten
- Filmrollen waren klassisches Stückgut und wurden von Kino zu Kino weitergegeben. Bsp: 3 Rollen Filme, Versender: Filmtheater Finkenheerd, Empfänger: Lichtspiele Geraberg. Wobei es sich hier auch um Expressgut gehandelt haben kann.
- Die Reichsbahn selbst war Stückgutkunde, wobei es da wohl auch noch die sogenannten Stoffzüge gab (die Material von den Stoffstellen zu den einzelnen Dienststellen brachten). Z.B. "2 Kisten Putzlappen von Stoffstelle Lichtenberg nach DR, Bf. Oelsnitz" ...
- Drei Karton Vordrucke vom Drucksachenverlag Dresden oder 10 Leerpaletten ...
- Kleinbetriebe haben Stückgut versandt und empfangen. 4 Kisten Socken von Esda Thalheim nach HO Zentralhandel, Außenstelle Storkow etc.
- Nicht vergessen, Autoersatzteile! Die Werkstätten bekamen die Ersatzteile auch per Stückgut. Wo gibt es keine Werkstatt?
- Die Spulenkörper (Platzspritzteile, Hersteller unbekannt) und Trafobleche (PGH irgendwas in Jessen/Elster) für die kleine Trafowickelei meines Opas kamen ebenfalls als Stückgut - und die fertigen Trafos gingen auf diesem Wege weiter zu den Kunden (Rema Stollberg, PGH Elektro Halle etc.). Versandt wurde in "handlichen" Kisten (30x25x40) oder Pappkartons, ebenso wurden die Leerkisten zurückgeschickt.
- Vieles wurde aber auch in die Kleincontainer A verladen und so komplett umgeschlagen.
Links zum Thema
Stichwörter
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können