Vorbildnaher Güterverkehr auf Modulanlagen als Word-Datei
Warum Frachtzettel?
Hallo Joschi, sag mal, wie funktioniert das eigentlich mit den Frachtkarten?
Servus Addi, nun, das ist eigentlich eine ganz einfache Geschichte, wenn man sie erst einmal begriffen hat. Bei der Bahn gibt es doch die Frachtzettel. So wie die Fahrkarte, die Du Dir kaufen mußt, ist der Frachtzettel nichts weiter als die Fahrkarte einer Wagenladung. Streng rechtlich gesprochen ist es der Beförderungsvertrag zwischen dem Versender und der Bahn. Im Frachtzettel steht nicht nur, von wo nach wo die Fracht transportiert werden soll sondern auch, um was für eine Fracht es sich handelt. Während die Bahn aber ihre Frachtzettel vor allem zur Abrechnung ihrer Transportleistungen benötigt dienen die Frachtkarten bei uns dazu, dem ganzen Wagenverkehr einen imaginären Sinn einzuhauchen. Schau mal her, hier habe ich eine Frachtkarte.
Mhm, Zielbahnhof, Versender, Ladung, Versandbahnhof, Versender, da steht ja wirklich alles drauf. Aber sag mal, hier steht der Zielbahnhof in einem grünen Feld. Auf Deinem Tisch sehe ich aber auch Karten, bei denen der Zielbahnhof in einem schwarzen Feld steht. Hat das was zu bedeuten? Ich vermute mal ja, sonst würdest Du das ja nicht machen. Aber welchen Zweck hat diese Kennzeichnung?
Farben
Da muß ich etwas weiter ausholen. Wir haben den Umgang mit den Frachtkarten vom FREMO übernommen. Und dort hat man die sogenannte weite Welt, also alle Bahnhöfe, die es im Modularrangement nicht gibt, in mehrere Regionen eingeteilt. Jede Region hat ihre eigene Farbe. ROT ist dabei der ehemalige Ostblock, also die alte DDR, die Tschechei, Polen usw. GELB steht für Bayern, Baden-Würtenberg, Östreich und die Schweiz, GRÜN steht für Rheinland-Pfalz, das Saarland und die BeNeLux-Staaten. BLAU hat man sinnigerwiese für die Küstenländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen sowie Bremen und Hamburg reserviert während SCHWARZ für das Ruhrgebiet und Nordrhein-Westphalen steht. BRAUN kennzeichnet zu guter Letzt Hessen und das Rhein-Main-Gebiet. An Hand der Farbe kann man also schon ganz leicht erkennen, in welche Region die Fracht abgefahren werden soll. Bei großen Arrangements besteht ja die Möglichkeit, dass es mehrere Fiddel Yards gibt. Da wird dann jedem eine andere Region zugewiesen. Hat man nur ein Fiddel Yard im Arrangement, ist die Farbaufteilung natürlich hinfällig. Da besteht die ganze weite Welt aus einem Fuiddel Yard. Nun hat der FREMO die Masse seiner Mitglieder aber in den Altbundesländern und deshalb ist diese Aufteilung für uns hier nicht ganz so praktisch. Für den Betrieb im Reichsbahnland haben wir das etwas modifiziert. Hier steht ROT* für den Ostblock, Westberlin und die mittleren Bezirke, SCHWARZ* für die (Braun-)Kohlenreviere, BRAUN* für die Industriegebiete der chemischen Industrie um Halle/Leipzig sowie das heutige Sachsen-Anhalt, BLAU* für die nördlichen Bezirke, Skandinavien und die Seehäfen, GELB* für das westliche Ausland und GRÜN* für die südlichen Bezirke im heutigen Sachsen und Thüringen.
*Da der Text nicht geändert werden soll, bleibt an dieser Stelle der Hinweis auf die aktuelle Aufstellung der Schattenbahnhofsfarben.Die Fracht und der Zug
Jetzt fällt mir auf, dass die Frachtkarte ja eine rote Diagonallinie hat. Das hat doch sicher auch wieder was zu bedeuten.
Freilich. Schau doch mal an, was für eine Fracht transportiert wird. Das ist Frischgemüse und das sollte schnell zu seinem Empfänger kommen. Solche Frachten werden unter dem Sammelbegriff Eilgut zusammengefasst. Und genau das bedeutet die Kennzeichnung mit der roten Diagonallinie. Für das Eilgut gibt es spezielle Züge oder auf Nebenbahnen auch mal den Fall, dass das Eilgut mit den Personenzügen befördert wird. Natürlich hat Eilgut im allgemeinen nichts im Nahgüterzug (Ng) zu suchen sondern gehört in die Naheilgutzüge (Ne) oder die Durchgangseilgutzüge (De). Da mußt Du schon drauf achten, ehe Du den Wagen mit einer solchen Fracht in einen Zug einstellst.
Und dann ist doch da noch eine Kennzeichnung auf der Karte. Sieht aus wie ein Wasserzeichen, so ein gebogener Pfeil.
Der Pfeil ist der Hinweis darauf, dass am Zielbahnhof die Frachtkarte gewendet werden soll. Dreh sie doch einfach mal um!
Was bedeutet denn jetzt "nach Entladung frei verfügbar"?
Als Verfügen bezeichnet man bei der Bahn die Zuweisung eines Wagens zu einer bestimmten Fracht. Der Wagen wird für einen Kunden zur Verfügung gestellt. Im Fall unserer Frachtkarte ist der Wagen nach der Entladung also wieder frei. Er kann nun eine neue Fracht bekommen.
Und wenn der Wagen nun nicht zufällig in ein Fiddelyard kommt sondern bei mir auf der Betriebsstelle entladen wird?
Hin und her
Ja dann mußt Du mal schauen, ob Du für diesen Wagentyp eine Frachtkarte auf Deiner Betriebsstelle hast. Wenn nicht, dann läßt Du ihn bei Dir stehen oder schickst den Wagen als Leerwagen mit dem nächsten Ng fort. Letzteres finde ich aber nicht so toll, da der nächste dann erst mal nachfragen muß, ob ggf. der Frachtzettel verloren gegangen ist.
Gut, das habe ich jetzt geschnallt. Laß mich noch mal auf das Umdrehen des Frachtzettels zurückkommen. Wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann wird am Zielbahnhof einfach die Frachtkarte umgedreht und nachgesehen, was da steht.
Ja - die Frachtkarte wird umgedreht. Bei der Karte, die Du jetzt in den Händen hälst, hast Du gleich eine Rückfracht. Der Wagen kann also während der gesamten Zeit ständig zwischen dem gelben Fiddelyard und Kranichfeld unterwegs sein. Es passt ja auch so gut. Aus dem Fiddelyard kommt Salzsäure nach Kranichfeld und von dort wird der Wagen leer zurückgeschickt. Und damit man auch gleich erkennt, dass dieser Frachtzettel mehrfach benutzt werden soll, ist sein Wasserzeichen, wie Du es vorhin nanntest, um ein paar imaginäre Blätter ergänzt.
Be- und Entladung
Natürlich, und das will ich hier nicht unerwähnt lassen, dauert so eine Ent- und Beladung natürlich auch eine Zeit. Da muß man sich schon mal umhorchen. Für den Säurekesselwagen dürfte die Entladung so drei bis vier Stunden dauern, ein Rindenmulch-Wagen wird mit Sicherheit per Greifer und Lkw entladen. Die ganze Aktion dürfte so um die vier bis sechs Stunden dauern. Bei Braunkohlenbriketts sieht das schon ganz anders aus. In Heizwerken gibt es Kreiselanlagen, bei denen die Waggons einfach umgedreht werden. Da ist ein solcher E-Wagen in etwa einer Viertelstunde entladen. Der selbe Wagen aber für den lokalen Kohlehändler wird viel länder stehen. Der Kohlehändler wird nämlich auch per Greifer entladen. Aber dann werden die Briketts erst einmal gesackt und gleich ausgefahren. Da kann ein Wagen schon mal zwei bis drei Tage stehen. Die Entladung eines Kesselwagen-Ganzzuges im Tanklager dauert so um die sechs Stunden. Ein Gaskesselwagen wiederum beim lokalen Flüssiggashändler steht auch schon mal 24 und mehr Stunden. Aber dazu findest Du Hinweise im Bahnhofsbuch der Betriebsstelle. Darüber können wir ja bei Gelegenheit noch einmal schwätzen.
[Eine Übersicht einiger Ladezeiten gibt es im Artikel "Be- und Entladezeiten von Güterwagen"]
Ähm Joschi, jetzt muß ich noch mal auf die verfügbaren Wagen zurückkommen. Was ist denn, wenn ich nun den E-Wagen in Mittenwalde habe, aber keine Frachtkarte für einen E-Wagen finde? Du sagtest ja, dass das absenden ohne Frachtkarte an ein Fiddelyard nicht so gut ist.
Das ist dann ein eigentlich sehr trauriger Fall. Aber da bleibt der E-Wagen einfach in Mittenwalde stehen.
Ja aber er nutzt mir doch da nichts.
Fantasie ist gefragt
Moment, nicht so schnell. Schau Dir doch mal die einzelnen Ladungen an. Natürlich sind hier auf den Frachtkarten ganz andere Wagengattungen angegeben. Aber hier zum Beispiel, den gesackten kalisalpeter vom ACZ Mittenwalde könnte man durchaus auch im E-Wagen versenden, wenn man eine Plane drüber macht und ihn so vor Nässe schützt.
Gut, aber wenn ich nun beispielsweise in Kranichfeld Kabel versenden will und partu keinen passenden Wagen im Bahnhof habe, was dann? Irgendwoher muß ich doch so einen Wagen bekommen können.
Na da schau mal, was ich hier habe.
Wagenanforderung. Ach und da ist ja auch wieder der Pfeil drauf. Aber warum fehlen hier die Blätter?
Addi - mit dieser Karte fordere ich einen Hbs-Wagen an. EINEN, nicht gleich mehrere.
Klar, war eine blöde Frage, ziehe ich zurück. Aber sag mal, wie läuft das denn nun mit den Wagenanforderungs-Karten.
Wenn Du einen Wagen einer bestimmten Gattung benötigst, so schickst Du die Wagenanforderung einfach mit dem nächsten Ng mit. Nun stell Dir mal vor, wir hätten bereits eine Fuhre Kabel nach Mittenwalde geschickt und dort stünde noch der Hbs-Wagen unbenutzt herum. Dann wird sich Mittenwalde die Wagenanforderung nehmen, umdrehen und den Wagen mit dem Leerwagenzettel auf der Rückseite der Wagenanforderung nach Kranichfeld schicken. Und wenn es nicht Mittenwalde macht, dann eben irgend eine andere Betriebsstelle, der ein Hbs-Wagen auf den Hühneraugen herumsteht. Im schlimmsten Fall kommt der Hbs-Wagen aus dem Fiddel Yard.
Zeig her. Tatsächlich, da steht wieder Kranichfeld als Zielbahnhof drauf. Und bei der Ladung einfach "leer". Eh, das ist ja wirklich ganz simpel. Auf diese Weise kann ich mir ganz bequem Wagen ordern. Und dann gehen meine Fachten auf die Reise.
Die Bahnhöfe nicht überlasten
Na ja, im Prinzip schon. Aber hast Du Dir schon mal überlegt was passiert, wenn Dir jede Betriebsstelle des Arrangements einfach so zwei Binnenfrachten schickt? Dann wird es in Kranichfeld ganz schön voll. Hier in meinem Bahnhofsbuch steht, dass Kranichfeld täglich 10 Wagenladungen umschlägt. Dabei spielt es keine Rolle, ob das nun Frachten sind, die in Kranichfeld be- oder entladen werden. Das bedeutet, dass Kranichfeld sich genau Gedanken machen muß, wie sich diese Frachten zusammensetzen. Es kann also immer nur der Betriebsstellenbesitzer dafür Sorge tragen, ob und wieviele Frachten er erhält. Dazu verteilt er vor jeder Session die entsprechende Anzahl Frachtzettel an die Betriebsstellen des Arrangements. An die Fiddelyards für Fernfrachten und an die realen Betriebsstellen als Binnenfrachten. Und ebenso machen es alle anderen. Du wirst also in Kranichfeld irgendwann auch Frachtzettel vorfinden, die Frachten zu anderen Betriebsstellen beschreiben.
Die Frachtzettel sinnvoll verteilen
Der Grundsatz lautet also, dass ich immer so viele Frachtzettel verteile, wie ich Frachten bekommen möchte.
Genau, dass hast Du sehr schön ausgesprochen. Nicht ich schicke etwas an eine Betriebsstelle sondern ich gebe dort einen Frachtzettel ab, damit ich etwas geschickt bekomme. Auf diese Weise kann ich kontrollieren, wieviele Frachten mein Bahnhof bekommt und der allgemeine Stau wird verhindert.
So weit, so gut, aber die Fiddelyards werden mir doch keine Frachtkarten bringen, damit ich ihnen etwas schicken kann.
Nein, das ist doch auch nicht Sinn und Zweck. An die Fiddelyards oder eben in die weite Welt kannst Du von Dir aus Frachten schicken.
Gut, das leuchtet ein. Und jetzt will ich mal in der Praxis sehen, ob ich das alles richtig geschnallt habe. Da hat nämlich eben einer gebrüllt, dass die Uhr wieder läuft.
Na dann, laß Dich nicht aufhalten. Vielleicht komme ich ja zufällig als Zugmannschaft des Ng hier vorbei. Dann werd ich sehen, ob es gefruchtet hat.
Autor: Jürgen Uhlich, letzte Bearbeitung: 14.04.2004
übertragen auf diese Seite am 18.01.2012
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