2012/07 Epoche 3 - Treffen in Königsmoos

Mein erster Schultag (– oder so ähnlich.)


„Nach dem Modultreffen ist VOR dem Modultreffen.“


In meinem Fall war das Ende der Abbau von Joschis Modulen in Zella-Mehlis. Er selbst konnte diesen Part arbeitszeittechnisch nicht übernehmen. Nunja, da ich diese Aufgabe wohl ganz gut gelöst haben soll (bin mir da nicht so sicher), bekam ich als Belohnung dafür das Angebot in Königsmoos eine Lehre zum FDL in Kranichsfeld anzufangen. So was lässt man sich doch nicht entgehen, oder? Außerdem muss ich ja irgendwie mit meiner Frau mithalten, sonst heißt es irgendwann: „Der Jörg? Ach ja, der Anhang von der netten Fahrdienstleiterin in Vieselbach.“


Also Königsmoos, Kranichsfeld.


Der Schock kam Dienstagabend 23:42 Uhr. Auf die Frage, wann denn am Freitag in Königsmoos die Tore geöffnet werden kam als Antwort: „Freitag? Du meinst Donnerstag.“


ARRGGHHH


Da wir in der Zwischenzeit Nachwuchs bekommen haben, ging das völlig unter. Und der/die Babysitter waren auch nur für Freitag nachmittags, Samstag und Sonntag früh bestellt. Aber das Schlimmste: Wir hatten beide am Donnerstag noch unsere normale Tätigkeit, und selbst wenn ICH frei kriegen würde, Nora ganz bestimmt nicht. Sie hatte Schule in Gera und der Vorschlag, die Schule mal eben für 'nen Tag zu schwänzen – ähhm, naja das fällt auf, wenn die Lehrerin nicht da ist. Der ganze Mittwoch war nur Organisation, mit 2 Autos fahren?, Ehefrau das ganze Wochenende zu Hause lassen?, Mitfahrgelegenheit für mich - für Nora? Und wenn ja, wie hinkommen? Und zu allem Überfluss meldete sich mein Lehrmeister nicht, wann es denn nun in Königsmoos mit dem Unterricht losgehen würde!


Am Mittwochabend 20:53 Uhr klärte sich der Himmel auf, Nora hat keine Schule, wir konnten also zu zweit ganz normal losfahren, so gegen 10 Uhr.


 


Donnerstag, ein letzter Check der Mails und ich las 08:01 Uhr vom Lehrausbilder Bf Kranichsfeld: „der gleich nach KöMo aufbricht.“


ARGGHH


Da waren wir noch nicht mal frühstücksbereit – und ohne Frühstück aus dem Haus – das endet tödlich. Also hurtig hurtig…


09:30 Uhr waren wir auf der Bahn, der Autobahn – in die falsche Richtung!!! (Macht der Routine). Die Fahrt selber war dann ganz angenehm, okay, einmal haben wir die falsche Ausfahrt genommen, dadurch aber einen Stau in Größenordnung verpasst. In Königsmoos sind wir ziemlich verloren gewesen, trotz der guten Beschreibung von Heiko, denn von einem Kreisverkehr stand da nichts drin. Aber wir haben die Donaumooshalle gefunden.


Und kein Kangoo zu sehen – ich war also definitiv pünktlich – puuhh.


Was aber auch einen Nachteil hatte: wir waren zum ersten Mal in Königsmoos, wir kannten keinen und keiner kannte uns. Klar hatten wir das Teilnehmerschild am Mann bzw. an Frau aber unglücklich platziert und so kam, was kommen musste, während wir durch die Halle schlenderten und uns einen Überblick verschafften stand plötzlich ein netter Mensch vor uns und fragte was wir hier so tun.


Und genau hier merkt man dann den Unterschied. Denn es gibt kaum Veranstaltungen wo Gäste, die bei einer Messe oder ähnlichem schon vorher rumlaufen so höflich gefragt werden. Als sich dann auch noch herausstellte dass wir Teilnehmer sind, also mitmachen wollen hieß es: „Warum seid Ihr nicht in der Cafeteria?“ In Königsmoos ist es nämlich so: Ankommen, Auto abstellen, Mittag essen. Erst dann wird ausgeladen und aufgebaut.


Okay, gesagt getan und während wir beim Essen saßen, trudelte auch der Rest des Stammtisches Vieselbach ein. Damit begann mein Unterricht.


Erste Lektion - Aufbauen


Jedes Segment hat seine eigenen Besonderheiten, eigenen Tücken. In Vieselbach z.B. ist es die Beinkonstellation – nicht jedes Segment bekommt 4 Beine, aber fast alle Segmente haben 4 Beinhalter. Bei den Modulen Pyrotechnik und Käferstation und Käferwiese und Kurvenmodule usw. sind manche Beine mit Buchstaben gekennzeichnet, manche nicht. Einige haben einen Markierungsstrich – nur gehört der jetzt nach Innen oder außen?


Irgendwie war es tröstlich, dass selbst mein Lehrmeister und Besitzer der Module immer von neuem überlegen musste, wie das jetzt war. Und ein paarmal haben wir wieder von vorn angefangen. Aber beim 2. Mal ging es schon schneller. Leider ist mir dann ein Malheur passiert, ich habe ein Segment verkantet aus seinem Transportrahmen heraus geholt – und dabei wahrscheinlich den Schienenstrang beschädigt (es kann auch schon vorher ab gewesen sein – naja, wer’s glaubt…). Sehr ärgerlich das Ganze. Aber wieder was gelernt: 1. Opferstücke sind wichtig und 2. Lötkolben nicht vergessen.


Nachdem die Module standen ging es ans ausrichten, - leider habe ich da nicht mitmachen können, da ich mich um die Unterkunft kümmern musste. Und als ich dann wieder kam stand der ganze Kleinbahnast. WOW !. Zu dem Zeitpunkt war es 23:45 Uhr.


Das war der 1. Tag als Lehrling „Festigung handwerklicher Fähigkeiten“.


 


Der 2. Tag - der Freitag - war dann die praktische Ausbildung.


Zu allererst natürlich die Theorie:



  • welcher Stellknopf ist welche Weiche;

  • wie lautet die Bezeichnung welcher Gleise;

  • wie ist ein Fahrplan aufgebaut;

  • wann finden welche Kreuzungen statt;

  • welche Aufgaben und Verantwortungen hat der Fahrdienstleiter,

  • welche Bücher sind zu führen, wie wird sich gemeldet,

  • was bedeutet Zugmeldedienst,

  • wie wird ein Zugmeldebuch geführt, woran erkenne ich, ob die Strecke frei ist

usw. usw. usw.


HILFE – das merke ich mir doch nie!


Aber da kam auch schon die 1. Lok und die 2. gleich hinterher, denn es war ein Lzz den 2 Loks bildeten. Also keine Zeit um zu zetern dass ich nicht schwimmen kann – mir blieb nur eins, ins Wasser springen paddeln und hoffen ans andere Ufer zu kommen – lebend. J


Es ging ganz gut – solange Joschi den Zugmeldedienst übernahm und nicht all zu sehr auf den korrekten Wortlaut meiner Meldungen achtete, sondern auch mal ein Auge zudrückte.


Schlimm wurde es nur, wenn sich der Frachtdisponent (Matthias) und der Weichenwärter (Joschi) wieder im Spaß rumfrozelten – nein Leute, das kann man nicht beschreiben, dass muss man erlebt haben, da bleibt kein Auge trocken.


Einmal hat es mich so geerdet, dass ich vor Lachen nicht mehr stehen konnte, keine Luft kriegte, so langsam aber sicher blau anlief – da ich ja nicht atmen konnte, Bauchschmerzen vor Lachen hatte ich ja sowieso – und alles schon guckte ob man nun zum 2. mal den Notarzt rufen muss – oder ob dieser FDL-Lehrling noch zu retten ist.


Naja, Kranichsfeld hat aber auch einige besondere Herausforderungen, so sind die Gleisbezeichnungen nicht wie in der Berufsschule gelernt von oben nach unten durchnummeriert oder vom Hauptgleis ausgehend gerade oben ungerade unten, oder umgekehrt (wie das in Kranichfeld mal der Fall war). Nein in Kranichsfeld ist das durchgehende Hauptgleis die 1 – soweit klar, aber durch Bauarbeiten der Neuzeit wurde oberhalb Gleis 3 das Gleis 4 angebaut und zwischen Gleis 1 und 2 das Gleis 5 eingesetzt. Natürlich wurden die Weichenstellhebel ebenfalls nachträglich angesetzt, was aber zu optischen Täuschungen führte. Denn nicht immer war der Weichenstellhebel auch lotrecht gegenüber der Weichenzunge. Das führte doch zu einigen Doppelbewegungen, wiederholten Fahrstraßenauflösungen, Notstopps der Zugmannschafften und Nervenzusammenbrüchen des Frachtendisponenten – der sich nichts sehnlicher wünschte, als EINMAL mit Profis zusammenzuarbeiten (nachdem ihm dieser Wunsch erfüllt wurde, wollte er wieder zurück nach Kranichsfeld). Dazu wurde er noch arg von seiner als Rangierlok eingesetzten kleinen Kö gefordert, da das Wagenaufkommen in Kranichsfeld jede Dimensionen sprengte. Selbige aber doch die MASSEN alleine kaum bewerkstelligen konnte. Erst zusammen mit der angeforderten zweiten Kö konnte der Rangierdienst zufriedenstellend gelöst werden. Mir tat nur die Oma leid die von Görtzke kommend ihre Familie in Kranichsfeld besuchen wollte. Aber diese Story schreib ich ein andern mal.


So verging die 1. Session, während der 2. tauchten dann die Elektronikprobleme auf.


Ja, auch das gehört zu einem Treffen – nicht immer geht alles so reibungslos und glatt wie gewünscht. Und es kann schon wirklich nerven, wenn man fahren will und es geht - geht nicht – geht - geht nicht. Uhr steht – Uhr läuft – Uhr steht – Uhr läuft. So kommt man auch als Fahrdienstleiter nicht in einen gescheiten Rhythmus. Aber die Probleme wurden gelöst und ausgemerzt. Und wieder was für das eigene Modulleben gelernt: es ist sehr wichtig auf die Kabelverlegung zu achten.


 


Der Samstag verlief dann problemfrei. Bis eine Horde 3, 4, 5jähriger Kinder (fast alles Mädels) vorm Stellwerk auftauchten und was zu sehen bekommen wollten. Kurzerhand wurde das Gleis 1 in Kranichsfeld für Geschwindigkeitstestfahrten der Lok 56 2719 gesperrt. Leider gab es keine Vorankündigung, so dass keine Offiziellen vor Ort waren. Ich persönlich bin aber der Meinung, dass der Rekord der 18 201 locker und lässig eingestellt, ja überboten wurde. Was wird sich nur die Omi gedacht haben, die in Kranichsfeld (mal wieder) auf ihren Zug wartete, der nicht kam. Dafür aber eine Dampflok, die mit Karacho durch den Bf pfefferte ???


Ein weiteres großes Highlight war, das aufgrund des schon angesprochenen hohen Transportaufkommens – ja die Rübenernte 1969 war eine SEHR GUTE - erstmals die V200 aus dem BW Hopfgarten zum Einsatz kam. Ganz offiziell, mit Lokkarte, Umlaufkarte, Fredzettel usw.. Das erste Mal die eigene Lok auf einem Treffen fahren zu sehen und zu hören, noch dazu im Plandienst - der Stolz ist kaum zu beschreiben.


 


Sonntag litten wir dann alle unter Personalmangel, bedeutete für mich, dass ich – wie angedroht – nun auch den Zugleitbetrieb zu übernehmen hatte.


Lehrmeister Joschi hatte mir zwar das Farbschema und die Striche dazu am Freitag erklärt – ich hatte es aber schon wieder vergessen. Hey, da lagen 2 ganze Nächte dazwischen! Also habe ich mir kurzerhand mein eigenes Schema entwickelt. So wusste ich jederzeit, wo welcher Zug zu finden war, und was gerade in welchem Bahnhof stattfand. In der Zwischenzeit hatten wir nicht nur unsere Urkunde als „Kollektiv der sozialistischen Arbeit“ bekommen, sondern, als weitere moralische Stärkung, besonders aber der Notwendigkeit geschuldet die Rübenernte noch vor dem 20. Jahrestag der Deutschen Demokratischen Republik einzubringen und zu „verzuckern“, eine V60 als Rangierlok bekommen. Damit ging die Rangierarbeit bedeutend zügiger.


Schwieriger wurde es als 4 „alte Hasen“ meine Arbeit in Kranichsfeld begutachteten, wie ich mit der Doppelbelastung und ohne Hilfe meines Lehrmeisters auskäme. Es ging ganz gut, bis mir ins Handwerk gepfuscht wurde. „Du kannst die Lok ja auch gleich über Gleis 5 weiter nach Rokitnitz schicken.“ Bevor ich protestieren konnte, waren die Weichen gestellt, der Lokführer unterwegs – und sah sich dem einfahrenden Zug von Elbblick kommend gegenüber. Gut das auf dem Stück nur langsam gefahren werden darf. Zwar wurde der Grund für die La-Stelle beseitigt, die LA selber war aber noch gültig – sonst wären wir unsere Auszeichnung wieder losgeworden.


In der Auswertung dieses Vorfalls wurde mir nahegelegt, „bestimmter“ aufzutreten. Leichter gesagt als getan, wenn man großen Respekt vor „altgedienten“ Persönlichkeiten hat und selbst der Meinung ist, dass die grüne Farbe hinter den Ohren noch nicht mal ansatzweise getrocknet ist.


Schon während der Session stellte sich aber irgendwie Wehmut ein. Ich habe die Nacht davor wach gelegen und gerechnet, wie viele Sessions wir noch fahren würden, fahren könnten. Dem sprach aber die Fahrtzeit nach Hause entgegen. Bringt ja nichts wenn man zwar bis 20:00 Uhr durchmachen würde, aber dann auf dem Rückweg sich im Straßengraben wiederfindet oder am Montag auf der regulären Arbeit, da wo man das Geld für die Module verdient, schlapp macht.


So war nach dem Essen dann Abbauen angesagt. Entweder hatte ich sehr viel Vertrauen bei meinem Lehrmeister erworben, oder die Module und Segmente sind unkaputtbar – jedenfalls durfte ich einen Großteil selbst in Einzelteile „zerlegen“. Durch den Aufbau wusste ich ja, auf welche Besonderheiten es ankam, Beinbezeichnung, Schraubenlänge, Schraubenart usw.


Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie schnell der Abbau geht.


Tja, Transport der Kisten und des Equipments in das Auto – Abschlusskaffee – das war’s. Ein letzter Rundgang durch die fast leere Halle, Verabschiedung, das war es dann wirklich.


 


Auf der Königsmooser Landstraße hatten wir noch eine Begegnung der 4. Art. Uns kamen sehr viele Supersportwagen entgegen. Eine Corvette Z6, ein 911 GT2, mehrere Ferraris und sogar ein Lamborghini Gallardo. Aber mit dem späteren Pulk echter Amis aus den 60igern konnten die alle nicht mithalten. An der Tankstelle standen wir dann neben einem Ford Mustang BJ 1965. Gut, es war ein „nur“ Coupé und „nur“ der „kleine“ 6-Zylinder Motor (3,3 l) – aber der Sound war trotzdem toll. Jedoch nichts im Vergleich zu unserer V200!


Die Heimfahrt gestaltete sich unproblematisch – die beiden FDLers von Vieselbach und Kranichsfeld tauschten Erlebnisse aus, (von der Hauptbahn hatte ich ja sehr wenig mitbekommen, hier müsste jemand anders noch was schreiben) und die beiden Modulers sprachen über hand- und motorgesteuerte Weichen, Beinhalter, Steckverbindungen und alles Mögliche eben. Aber vor allem waren wir gespannt, wie sich unser Nachwuchs gemacht hatte, was Oma und Opa für Horrorgeschichten erzählen werden, ob wir überhaupt noch als Eltern anerkannt würden.


Für mich stehen derzeit aber noch ganz andere Fragen im Raum, da ich ja kein Zeugnis bekommen habe:



  • Gab es eine Abschlussprüfung?

  • Wann fand die statt?

  • Wurde ich nicht zugelassen?

  • Wann ist der nächste Turnus

 


FAZIT:


Uns, Nora und mir hat es sehr gut gefallen – wir kommen gerne wieder, denn:


 


Nach dem Modultreffen ist VOR dem Modultreffen.