Wen der Modulbazillus befallen hat, den lässt er nicht so schnell wieder los. Im Gegenteil, er steckt selbst unbeteiligte Zuschauer und neugierig schauende Modelleisenbahner unbarmherzig an. So etwa könnte man über das 5. Treffen der Modulisten der Chat Noir Mailbox resümieren. Was vor fünf Jahren mit knapp vier Metern Modullänge in der Nenngröße N begann, hat sich inzwischen zu einem Treffen mit fast 40 laufenden Metern Modelleisenbahn ausgeweitet. Dabei hat die Nenngröße TT inzwischen ihrer kleineren Schwester den Rang abgelaufen. Nachdem sich bereits vor zwei Jahren abzeichnete, dass der Saal einer Gaststätte schon fast zu klein ist, sind wir in diesem Jahr auf Nummer sicher gegangen. Mit fast 2000 Quadratmetern Fläche sollte im Lokschuppen des ehemaligen Bahnbetriebswerkes Weimar eigentlich Platz ohne Ende sein. Bereits am Freitag abend wurden die Module aufgebaut. Renè hatte es übernommen, den Aufbauplan und die nötigen Fahrplanunterlagen zu erstellen. Erfreulicherweise gab es auch bei diesem Treffen keine Module, die nicht zusammenpassten. Das zeigt, daß es bei sorgfältigem Bau möglich ist, eine ausreichende Maßhaltigkeit an den Modulübergängen zu erreichen. Renè's Bahnhofsmodul Mittenwalde (Mark) Ost bildete den betrieblichen Mittelpunkt des Arrangements. Der Industrieabzweig von Mittenwalde (Mark) Ost wurde kurzerhand in einen Streckenabzweig umgewandelt, was betrieblich eine große Herausforderung war. In westliche Richtung schloß sich an Mittenwalde (Mark) Ost das Fiddle-Yard von H0fmann an, der Zugbildungs- und Endbahnhof in der Ferne sozusagen. In östlicher Richtung ging es einmal über Briescht (Erbauer: Heizer) nach Dahme (Mark) (Erbauer: Wolzow) und zum anderen über Kranichfeld (Erbauer: Joschi), das kurzerhand zum Durchgangsbahnhof umfunktioniert wurde, nach Neukirch (Lausitz) Ost (Erbauer: Steffen) und Neukirch (Lausitz), ein weiteres Fiddle-Yard. Zwischen Kranichfeld und Neukirch (Lausitz) Ost befand sich dabei gewissermaßen ein Systemübergang von unserer selbstdefinierten Norm zur Norm des AKTT. Dieser Übergang bewährte sich in der Praxis außerordentlich gut, nicht zuletzt wegen der gleichen elektrischen Norm. Der Samstag stand dann ganz im Zeichen des fahrplanmäßigen Betriebes. Es wurde mit um den Faktor 4 verkürzter Modellzeit gefahren, ein Maß, was sich als praktikabel herausgestellt hat. Um trotz der verkürzten Zeit noch genügend Zeit für die Rangierarbeiten zu haben, wurden alle Bahnhöfe mit einer Bahnhofsrangierlok ausgestattet. Die verkehrenden Güterzüge setzten bei einem kurzen Halt nur die Frachten für den Bahnhof ab und setzten dann ihre Fahrt fort. Die Bereitstellung übernahm dann die örtliche Rangierlok. Bei der Rückfahrt des Güterzuges wurden dann einfach nur die anfallenden Wagen am Zugschluß angesetzt. Dieses betriebliche Vorgehen findet man bei Vorbild durchaus wieder, wenngleich auch unter der Regie der DB AG eine andere Verteilerphilosophie zur Anwendung kommt. Um zusätzliche "Erschwernisse" in den Betriebsablauf zu bringen, wurde in Dahme (Mark) eine Lokausstellung organisiert. Die Zuführung der Ausstellungsfahrzeuge erfolgte dabei aus Richtung Neukirch (Lausitz) über Mittenwalde (Mark) Ost. Da es sich dabei überwiegend um Elektrolokomotiven handelte, mußte die ziehende Diesellok in Mittenwalde (Mark) Ost umgesetzt werden. Darunter durfte natürlich der Regelbetrieb nicht leiden. Beim zweiten durchgefahrenem Betriebstag, am Samstag Nachmittag, gingen wir noch einen Schritt weiter. Analog zu FREMO verwendeten wir erstmals Wagenkarten und Frachtzettel. Da es im Vorfeld zum Treffen gerade diesbezüglich lange Diskussionen gab, waren alle auf den Praxistest gespannt. Beim Fahren mit Wagenkarten und Frachtzetteln werden zu Beginn des Betriebstages aus den vorhandenen Frachtzetteln eine bestimmte Anzahl gezogen. Danach werden etsprechende Fahrzeuge ausgewählt. Damit ergibt sich eine zufällige Zusammenstellung der Güterzüge, die im Fiddle-Yard gebildet und von dort auf die Reise geschickt werden. Eine solche Betriebsabwicklung kommt dem Vorbild recht nahe und wird von FREMO schon über Jahre hinweg praktiziert. Und auch auf unserem Modularrangement zeigte sich, daß der Modellbahnbetrieb durch die Wagenkarten und Frachtzettel gewinnt. Der Sonntag vormittag war dann dem "Versuchsbetrieb" gewidmet. Dabei konnten mal viele Fahrzeuge, die sonst nur ein Vitrinendasein fristen, Auslauf bekommen. Für Bärtram eine willkommene Gelegenheit, seine aus Einzelteilen aufgebaute Lok der Baureihe 106 (Jatt) probezufahren. Bei dieser Gelegenheit wurden auch die von Heizer und Joschi mit N-Standardkupplung ausgerüsteten Fahrzeuge getestet. Bei diesen Fahrten zeigte sich, daß das wichtigste Kriterium für einen ordentlichen Betrieb den Komponenten Radsatz und Gleis beigemessen werden muss. Die teilweise mit RP 25 Radsätzen ausgerüsteten Fahrzeuge entlarvten jeden Gleisungenauigkeit. Andersherum war es ein Leichtes, an den neuen Tillig-Weichen Fahrzeuge mit falschen Radsatzinnenmaßen aufzuspüren. Dabei spielt es zunächst einmal keine Rolle, ob es sich dabei um Plastikradsätze oder Metallradsätze handelt. Bei den Entgleisungen waren Radsätze aller Materialien gleichermaßen beteiligt. Für neuen Diskussionsstoff sorgten zudem die unterschiedlichen Gewichte der einzelnen Fahrzeuge. Wie immer war die Zeit des Treffens mal wieder viel zu kurz, denn am Sonntag nachmittag wurde abgebaut.
J. Uhlich, 1999